Unkrautvernichtungsmittel in Bier gefunden
Das Umweltinstitut München hat 14 der absatzstärksten Biere in Deutschland auf Rückstände des Pestizids Glyphosat testen lassen. In allen Gerstensäften wurden geringe Mengen des Unkrautvernichtungsmittels gefunden. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) besteht keine Gefahr für die Gesundheit. Der Deutsche Brauer-Bund bezeichnet die Studie als "nicht nachvollziehbar und nicht glaubwürdig".
Beim Umweltinstitut München handelt es sich um einen Verein, der sich gegen Atomkraft, für gentechnikfreies Essen, eine nachhaltige Energiewende und für den ökologischen Landbau einsetzt. Die Biere, die das Institut im Labor untersuchen ließ, wurden im Dezember 2015 und Januar 2016 in Supermärkten erworben. Am meisten Glyphosat fanden die Tester in der Variante Hasseröder Pils. Hier wurden 29,74 Mikrogramm pro Liter nachgewiesen. Mit 0,46 Mikrogramm am wenigsten wurden im Hellen von Augustiner festgestellt.
Laut Umweltinstitut sind die gemessenen Glyphosat-Mengen klein, alle ermittelten Werte würden aber über dem Grenzwert für Trinkwasser liegen, der in Deutschland 0,1 Mikrogramm betrage. Für Bier gebe es keine offizielle Obergrenze. Der Verein weist darauf hin, dass die Untersuchung keine generelle Aussage über die Belastung einzelner Biere zulasse, da lediglich zufällig ausgewählte Proben aus einzelnen Chargen überprüft wurden.
Die Untersuchung erfolgte nach der sogenannten ELISA-Methode. Der Spiegel berichtet, dass diese zwar als sensibel und geeignet gilt, niedrige Werte zu messen, aber nicht unumstritten ist. Die drei Biere, in denen der höchste Glyphosat ermittelt wurde, hat das Umweltinstitut München eigenen Angaben zufolge anschließend mit der weniger sensiblen LC-MS/MSMethode quertesten lassen. Dabei hätten die Ergebnisse der ELISA-Methode verifiziert werden können.
Laut Umweltinstitut könnte das Pestizid über beim Brauprozess verwendeten Hopfen und Getreide ins Bier gelangt sein. Gerade beim konventionellen Getreideanbau sei der Einsatz großer Mengen des Unkrautvernichters an der Tagesordnung. Der Stoff habe unter anderem bereits in Backwaren nachgewiesen werden können. Nach Angaben des Naturschutzbunds Deutschland (NABU) steckt Glyphosat auch in Brötchen, Obst, Gemüse, Nudeln und anderen Lebensmitteln.
Glyphosat wird vom US-Konzern Monsanto angeboten. Über den Einsatz des Herbizids wird derzeit diskutiert. Die Weltgesundheitsorganisation hat den Pestizidwirkstoff im letzten Jahr als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft. Die EU-Lebensmittelbehörde Efsa bezeichnete es hingegen als unwahrscheinlich, dass von dem Mittel eine krebserregende Gefahr für den Menschen ausgeht, was Wissenschaftler kritisierten. Die EU-Kommission muss über eine neue Genehmigung des Unkrautvernichters entscheiden, da die Zulassung im Sommer ausläuft.
Keine Gefahr für die Gesundheit
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) stuft die beim Test des Münchner Umweltinstituts ermittelten Glyphosat-Spuren nicht als gesundheitsgefährdend ein. In einer "Vorläufigen Einschätzung" teilte das BfR mit, dass die Rückstände im Bier aus "wissenschaftlicher Sicht plausibel und grundsätzlich erwartbar" seien, da es sich um ein zugelassenes Pflanzenschutzmittel handelt. Selbst Mengen von rund 30 Mikrogramm, wie sie für ein paar Biere annähernd ermittelt wurden, seien so niedrig, dass ein Erwachsener rund 1.000 Liter an einem Tag trinken müsste, um in gesundheitlich bedenklichem Maß Glyphosat aufzunehmen.
Brauerbund: Studie nicht glaubhaft
Der Deutsche Brauer-Bund bezeichnet die Testergebnisse in einer Stellungnahme als "nicht nachvollziehbar und nicht glaubwürdig". "Da uns weder die vollständige Untersuchung vorliegt, noch die Analysemethoden hinreichend belegt wurden, müssen wir die Seriosität der Untersuchung ernsthaft in Zweifel ziehen", so der Verband. Das Umweltinstitut habe in seiner Veröffentlichung selbst angemerkt, dass sich Spuren von Glyphosat "inzwischen fast überall" finden ließen. Auch in Bio-Lebensmitteln habe das Pestizid bereits nachgewiesen werden können. Glyphosat sei seit Jahrzehnten als Wirkstoff in einer Reihe von in Deutschland und weltweit zugelassenen Pflanzenschutzmitteln enthalten, aus deren Anwendung sich bekanntlich Rückstände in Ernteprodukten und Lebensmitteln ergeben könnten. "Unzählige Studien haben diese Spuren für gesundheitlich unbedenklich erklärt".
Der Einsatz von Glyphosat sei in Deutschland beim Anbau von Getreide zu Brauzwecken nicht zugelassen, so der Brauer-Bund. Gleichwohl könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich Rückstände auch in Braugetreide oder Braumalz nachweisen ließen, "da diese entweder durch Abdrift von zulässigen Anwendungen auf benachbarten landwirtschaftlichen Flächen oder den im Ausland bei Braugetreide teilweise zulässigen Einsatz von glyphosathaltigen Produkten verursacht sein können."
Der Branchenverband verweist auf sein eigenes Monitoringsystem für Braumalz. Dieses zeige, "dass die gemessenen Werte stets deutlich unter den Höchstgrenzen liegen. Zu keiner Zeit konnten Überschreitungen der zulässigen Rückstandshöchstwerte bei Glyphosat festgestellt werden". Darüber hinaus gebe es staatliche Kontrollen und weitere Eigenkontrollen der Brauereien, "die dafür Sorge tragen, dass keine Schadstoffe Eingang finden in die Produktion".
Weiter heißt es in der Stellungnahme: "Ein Richtwert für Lebens- und Genussmittel wie etwa Bier existiert nicht. Die vom Münchner Umweltinstitut beauftragte Studie erscheint schon deshalb fragwürdig, weil sie das gebraute Bier – ein Lebensmittel, das aus Getreide hergestellt wird – unzulässigerweise mit Trinkwasser vergleicht. Auch wird hier von einem "Grenzwert" gesprochen, obwohl es für Trinkwasser lediglich einen "Vorsorgewert" gibt, der aber keinerlei Aussage zur gesundheitlichen Bedeutung trifft. Im Übrigen ist selbst der Vorsorgewert für Babynahrung höher als jener für Trinkwasser."
Biere, die das Umweltinstitut München testen ließ, und die jeweilige Glyphosatmenge, die ermittelt wurde:
Hasseröder Pils: 29,74 Mikrogramm Glyphosat pro Liter
Jever Pils: 23,04 μg/l
Warsteiner Pils: 20,73 μg/l
Radeberger Pilsner: 12,01 μg/l
Veltins Pilsener: 5,78 μg/l
Oettinger Pils: 3,86 μg/l
König Pilsener: 3,35 μg/l
Krombacher Pils: 2,99 μg/l
Erdinger Weißbier: 2,92 μg/l
Paulaner Weißbier: 0,66 μg/l
Bitburger Pils: 0,55 μg/l
Beck's Pils: 0,50 μg/l
Franziskaner Weißbier: 0,49 μg/l
Augustiner Hell: 0,46 μg/l
(25.2.2016)
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